VEB Messgerätewerk Zwönitz – BG 20-5 (1960)

Foto: Klaus Polkowski

Tonbandgeräte aus volkseigener Produktion

Von den frühen 1950er-Jahren bis Mitte der 1960er-Jahre entwickelte sich die Herstellung von Tonbandgeräten zu einem Stützpfeiler der Güterproduktion für den Massengebrauch in der DDR. Eine Sonderstellung nahm hierbei der VEB Messgerätewerk Zwönitz ein, dessen BG 20-Geräte – auch unter der Modellbezeichnung Smaragd bekannt – nicht nur in der DDR, sondern auch international verkauft wurden. Ein zentrales Ziel der DDR-Produktion war es zu dieser Zeit, sich den globalen Standards technischer Gebrauchsgüter anzunähern. Das Modell BG 20-5 wurde 1960 der Öffentlichkeit vorgestellt und zählte zu den Geräten, die die internationale Konkurrenzfähigkeit der volkseigenen Produktion belegen sollten. Nur fünf Jahre später wurde die Tonbandgeräteproduktion in der DDR jedoch eingestellt, woraufhin vorwiegend Geräte aus CSSR-Fertigung importiert wurden.

Das Dossier ist in drei Abschnitte geteilt. Sie können es mithilfe der Buttons entweder chronologisch oder thematisch lesen. Eine Infobox zu Betriebsnachlässen und der Produktionskulturforschung bietet zusätzliche Hintergrundinformationen.

Objektbeschreibung

Das Objekt befindet sich im Lippmann+Rau-Musikarchiv in Eisenach, wo mehrere Radio- und Tonbandgeräte aus DDR-Produktion aufbewahrt werden. Diese Geräte sind im Eisenacher Archiv nicht in Gebrauch und wurden nicht professionell restauriert. Mangels passender Tonbänder kann das BG 20-5 vor Ort derzeit nicht in Betrieb genommen werden.

Das Tonbandgerät befindet sich in einem Koffer, der serienmäßig zur Ausstattung gehörte und die Portabilität gewährleisten sollte. Mitsamt Koffer weist das Gerät 17,8 cm Höhe, 39 cm Breite und 27,8 cm Tiefe sowie ein Gewicht von 14 kg auf. Der Kofferdeckel lässt sich komplett abnehmen. An der Vorderseite sind ein Tragegriff sowie zwei Verschlussschnallen angebracht, an der Hinterseite eine Netzkabelbuchse, an der linken Seite die Ein- und Ausgänge sowie auf der rechten Seite der fest verbaute Lautsprecher. Die zwei für diese Gerätegattung elementaren Bandspulen sind an der Oberseite angebracht, darunter befinden sich in horizontaler Anordnung die Benutzerschnittstellen. Die fünf mittig platzierten Drucktasten repräsentieren von links nach rechts die Funktionen: Aufnahme, beschleunigter Rücklauf, Halt, beschleunigter Vorlauf und Wiedergabe. Ganz links ist der Abhörhebel angebracht, mittels dessen sich das Tonband beim Vor- oder Rückspulen für kurze Zeit an den Tonkopf drücken lässt, um bestimmte Bandstellen zu finden. Die rechts daneben platzierte Banduhr ist beim Wiederfinden der gewünschten Stellen behilflich. Rechts davon befindet sich der Eingangswahlschalter, der die Auswahl der Geräteeingänge ermöglicht. Rechts von den Drucktasten sind der Aussteuerungs- und Lautstärkeregler sowie das sogenannte ›magische Auge‹ – also ein Pegel- bzw. Aussteuerungsmesser – angebracht. Das Modell BG 20-5 verfügt über einen Mikrofon- und einen Rundfunkgeräteeingang sowie über einen Kopfhörer- und einen Lautsprecherausgang. Es ermöglicht die beiden gängigen Bandgeschwindigkeiten 19,05 cm/s für eine Spielzeit von bis zu 2x45 min und 9,5 cm/s für die doppelte Spielzeit. Der Frequenzumfang beträgt bei 19,05 cm/s 60 bis 15.000 Hz, bei 9,5 cm/s 60 bis 10.000 Hz.

Das Objekt weist starke Gebrauchs- sowie Lagerungsspuren und Verschleißerscheinungen auf. Während die Bedienoberfläche nur dezente Abnutzungen erkennen lässt, ist der Koffer zum Teil marode. Die metallenen Verbindungselemente, Schrauben und Haltevorrichtungsbefestigungen sind teils verrostet und das seitlich angebrachte Lautsprechergehäuse ist reichlich verschmutzt. Kleinere Risse, Macken und Bruchstellen finden sich fortlaufend. Die weitgehend unversehrte Bedienoberfläche weist dennoch auf einen pfleglichen Umgang hin, die leichten Schmutzablagerungen an den geriffelten Drehknöpfen machen die regelmäßige Nutzung deutlich.

Weit verbreitet und beliebt ­– Vermarktung der BG-20-Modelle

In einem Prospekt des VEB Messgerätewerk Zwönitz wird das BG 20-5 als »modernes Schallaufzeichnungs- und Wiedergabegerät für Sprache und Musik« (StA-C 30981 265/2/2: 1) beworben, Mikrofonaufnahmen und Rundfunksendungen könnten mit dem Gerät »tongetreu aufgenommen und wiedergegeben werden« (ebd.). Insbesondere werden die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten hervorgehoben: Das BG-20-5 sei als Aufnahmegerät von Sprache und Musik ebenso geeignet wie für Konferenzmitschnitte, für Diktate im Rahmen wissenschaftlicher Arbeiten, für Künstler*innen zu Übungszwecken und für Amateurfilmer*innen zur auditiven Ergänzung von Filmaufnahmen (vgl. ebd.). Diese werblichen Versprechungen werden konturiert von der Abbildung einer adrett gekleideten und frisierten jungen Frau, die das BG 20-5 mit einem Lächeln präsentiert. Wie ein Schriftwechsel mit der Abteilung für Werbung und Messen der HV RFT (Hauptverwaltung Radio und Fernmeldetechnik) darlegt, handelt es sich um eine damalige Mitarbeiterin des Betriebs, die im Rahmen der Produktpräsentation mit dieser außerplanmäßigen und unentgeltlichen Aufgabe betraut wurde (StA-C 30981 79/1). Die Darstellung der Mitarbeiterin mit dem Tonbandgerät wirkt eher unspezifisch und lässt keine konkreten Nutzungskontexte erkennen. Diese Inszenierungsweise ist im Kontext der DDR-Werbung in den frühen 1960er-Jahren aber nicht ungewöhnlich. Werbung sollte damals, so die Historikerin Ina Merkel (2004: 300), »Leitbilder einer sozialistischen Lebensweise propagieren und dabei bedarfslenkend wirken«. Dabei war es aber durchaus üblich, Darstellungsweisen zu wählen, die vordergründig keine systemspezifischen politischen Botschaften vermitteln sollten und auch keinen direkten Bezug zur den Nutzungskontexten der beworbenen Produkte aufweisen mussten (vgl. Merkel 2004: 15). Auf der zweiten Seite des Prospekts hingegen ist dieselbe Mitarbeiterin bei der Benutzung des Geräts, genauer beim Hantieren mit dem BG 20-5 und einem Rundfunkapparat, zu sehen. Rechts davon ist das Tonbandgerät neben einem Filmprojektor abgebildet, wodurch die Nutzungsmöglichkeiten im Amateurfilmsegment beworben werden. Unterhalb dieser Abbildungen sind Produktbeschreibungen in spanischer und englischer Sprache abgedruckt. Hier zeigt sich, dass einerseits die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Geräts zum Ausdruck kommen sollten, und dass andererseits offenbar eine internationale Käuferschaft adressiert wurde.

Abb. 1: Foto: Versandhaus Leipzig Herbst Winter 1957 58 S. 44–45

Zwönitzer Tonbandgeräte wurden zur Verkaufszeit des BG-20-5 schon einige Jahre öffentlichkeitswirksam inszeniert, wovon beispielsweise Annoncen in Versandhauskatalogen zeugen, die in der DDR zeitweise weit verbreitet waren (vgl. Kaminsky 1998). In der Herbst- und Winterausgabe des Katalogs des Versandhauses Leipzig aus dem Jahr 1957 wurde das erste BG 20-Modell präsentiert (Abb. 1). Es ist dabei nebst Rundfunkgeräten und Plattenspielern aufgeführt, und der direkte Vergleich macht deutlich, dass es sich bei Zwönitzer Tonbandgeräten um äußerst hochpreisige Produkte handelte. Waren Rundfunkempfänger bisweilen für weniger als 100 Mark erhältlich, kostete das BG 20 etwa das Zehnfache – dem standen in den Jahren um 1960 übliche Monatslöhne von 250 bis 300 Mark gegenüber (vgl. Schindler 2007b: 43). Dass der VEB Messgerätewerk Zwönitz nicht nur inländische Kunde*innen oder Abnehmer*innen aus den sozialistischen Nachbarländern im Blick hatte, macht ein weiteres Prospekt aus dem Betriebsnachlass deutlich (Werbeprospekt für das BG-20). Auf der Vorderseite ist ein Werbetext in chinesischer Sprache abgedruckt. Es handelt sich dabei um eine Übersetzung der Werbeversprechen, die auch den auf Deutsch verfassten Prospekten zu entnehmen sind. Im Zentrum stehen vor allem die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Tonbandgerätes.[1] Die potenziellen ausländischen Käufer*innen sollten zudem durch passende Bilder adressiert werden. Durch den oben rechts abgebildeten Grillenkäfig wird auf visueller Ebene ein Bezug zu chinesischen Traditionen hergestellt, da Grillen in verschiedenen Regionen Chinas seit Jahrhunderten als Haustiere gehalten werden (vgl. Kirchner 2015: o. S.).

Darüber hinaus wurden für das erste BG 20-Modell zahlreiche Annoncen in Zeitschriften und Illustrierten geschaltet, was die Zwönitzer Werksleitung jedoch nicht zu goutieren wusste. Wie ein im Betriebsnachlass verfügbarer Schriftwechsel dokumentiert, monierte der damalige Werkleiter Dobrig im Jahr 1957, dass die Werbemaßnahmen für das BG 20 trotz seines mehrfachen Insistierens nicht eingestellt worden waren (vgl. StA-C 30981 79/1). In einem anderen Dokument berichtet Dobrig vom Austausch mit einem Mitarbeiter der Hauptverwaltung Rundfunk- und Fernmeldetechnik und erklärt seine Ablehnung der Werbemaßnahmen mit politischen Erwägungen: »Er bezüchtigte [sic!] uns, durch diese Reklame eine bewußte Verärgerung der Bevölkerung herbeiführen zu wollen, da uns doch genau bekannt sei, daß im 2. Halbjahr keine Magnettongeräte für die Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden können« (StA-C 30981 79/1). Es habe sich gezeigt, so Dobrig weiter, dass »die Situation BG 20 in den höchsten Stellen bekannt ist und zum anderen durch diese unüberlegte Fortsetzung der Werbung auch entscheidende politische Auswirkungen entstehen können« (ebd.). Sofern Engpässe in der Produktion und Distribution zu befürchten seien, so die Haltung der Werksleitung und der Regierung, sollten die Geräte auch nicht intensiv beworben werden, um unter der Bevölkerung keine falschen Hoffnungen zu wecken (vgl. hierzu auch Merkel 2004: 13).

Wenngleich vonseiten des VEB Messgerätewerk Zwönitz aus politischen Gründen also offenbar für gemäßigte Werbemaßnahmen plädiert wurde, zeichneten sich die betriebseigenen Werbeschriften weiterhin durch einen selbstsicheren Ton aus. Anlässlich des zehnten Produktionsjahrs veröffentlichte der Betrieb ein Prospekt mit dem Titel 10 Jahre Magnettongeräte aus Zwönitz (StA-C 30981 265/2/2). Insbesondere die verschiedenen BG 20-Modelle werden darin hervorgehoben: Immerhin habe man im Laufe der Jahre »hunderttausende Geräte gefertigt« (ebd.: 7), und diese seien »in Warschau, Helsinki, Prag, Belgrad, Reykjavik, Sofia oder Berlin« (ebd.) bekannt. Neben der vermeintlich globalen Verbreitung der Zwönitzer Geräte wurden in diesem Prospekt wiederum die mannigfachen Einsatzmöglichkeiten beworben.

Dieses Attribut kam auch in der FDJ-Zeitschrift Jugend und Technik zur Sprache, wenngleich dort der technische Aspekt im Fokus stand. Immerhin habe es sich bei der Tonbandtechnik in den späten 1950er-Jahren um das »hochwertigste Verfahren der Schallspeicherung« (Morgenroth 1958: 87) gehandelt, das qualitativ »allen anderen Methoden überlegen« (ebd.) gewesen sei. Zur Illustration und zur Erklärung der technischen Prinzipien dieser Gerätegattung ist im selben Artikel ein BG 20-Modell abgebildet (vgl. ebd.: 88). Und auch in den DDR-Illustrierten fanden sich Informationen über Geräte aus Zwönitz, etwa im Rahmen eines Artikels über den Sänger Peter Wieland aus dem Jahr 1959. Wieland sei äußerst zufrieden mit seinem Zwönitzer Gerät, einem MTG Topas, gewesen (vgl. Anonym 1959a: 20) und Tonbandgeräte gehörten, so wird Wieland ferner zitiert, für Sänger »auch zum Handwerkszeug« (ebd.). Auf dem Cover der entsprechenden Ausgabe ist er zusammen mit seinem Topas-Modell abgebildet (Abb. 2). Hierdurch und beispielsweise auch durch weitere thematisch einschlägige Artikel in dieser Zeitschrift (Jakubaschk 1959a; 1959b; 1959c) zeigt sich, dass Tonbandgeräte in der DDR schon in den 1950er-Jahren zu populären Musikobjekten avanciert waren und auch intensiv öffentlich inszeniert wurden – auch bzw. gerade die Geräte aus Zwönitzer Fertigung.

Abb. 2: Foto: Unser Rundfunk 4 1959

Infobox Betriebsnachlässe und Produktions-kulturforschung

Die in diesem Text zitierten Archivalien stammen allesamt aus dem Betriebsnachlass des VEB Messgerätewerk Zwönitz, der im Sächsischen Staatsarchiv in Chemnitz einsehbar ist. Die Bestände des Zwönitzer Nachlasses beinhalten u. a. umfangreiches Aktenmaterial zu Personalangelegenheiten, Finanzen und juristischen Vorgängen, aber auch etliche Dokumente aus den Bereichen Technik und Entwicklung. Derlei Betriebsnachlässe bieten daher vielfältige Möglichkeiten, die Entstehungsbedingungen technischer Artefakte nachzuzeichnen. Gerade die erhaltenen Konstruktionsdokumente und Protokolle sind lohnende Quellen, sofern bestimmte Entscheidungsprozesse und Herstellerintentionen rekonstruiert werden sollen.

Die Analyse solcher Herstellerintentionen verspricht Erkenntnisse über die Visionen jener Personen, die für die Entwicklung technischer Artefakte, die im Alltag ihrer Nutzer*innen bisweilen eine essenzielle Rolle spielen, verantwortlich sind. Folgt man der Techniksoziologin Madeleine Akrich, können sich die Weltsichten der Gerätehersteller in den designten Artefakten materialisieren und insofern Einfluss auf die zukünftigen Nutzer*innen nehmen, diese also gleichsam formen: 

For some time sociologists of technology have argued that when technologists define the characteristics of their objects, they necessarily make hypotheses about the entities that make the world into which the object is to be inserted. Designers thus define actors with specific tastes, competences, motives, aspirations, political prejudices, and the rest, and they assume that morality, technology, science, and economy will evolve in particular ways. A large part of the work of innovators is that of ›inscribing‹ this vision of (or prediction about) the world in the technical content of the new object. (Akrich 1992: 207 f.; Herv. i. O.) 

Vor diesem Hintergrund scheint es angeraten, zusätzlich zur Vermarktung apparativer Musikmedien (vgl. bspw. Weber 2008) und deren Aneignung (vgl. bspw. Hoklas/Lepa 2015) auch die Sphäre der Produktion zu untersuchen, da hier die Entscheidungen hinsichtlich der Vermarktung und des Designs, also auch bzgl. der Nutzungsmöglichkeiten, gefällt werden. Gerade in der medienwissenschaftlichen Forschung wurden in jüngerer Vergangenheit Ansätze entwickelt, die auf ein solches Nachzeichnen industrieller Entscheidungs- und Herstellungsprozesse ausgerichtet sind und unter Oberbegriffen wie Production Studies und Media Industry Studies gefasst werden (vgl. bspw. Banks/Conor/Mayer 2016; Caldwell 2008; Kraus/Loist 2018; Vonderau 2013). Diese Ansätze konzentrieren sich jedoch vorwiegend auf die Themenkomplexe Film und Fernsehen, die Produktionslogiken der auch in diesen Feldern zentralen technischen Apparaturen werden kaum thematisiert.

Für den Bereich der Musikabspielgeräte stehen entsprechende Forschungen noch aus, vielversprechende Perspektiven versprechen mehrere hiesige Archive. In den Beständen des Sächsischen Staatsarchivs sind die Nachlässe zahlreicher weiterer DDR-Betriebe verfügbar, die sich für entsprechende Produktionskulturforschungen anbieten. Vereinzelt sind auch archivalische Bestände vormals westdeutscher Gerätehersteller zugängig. Eine gute Quellengrundlage bietet das Firmenarchiv AEG-Telefunken im historischen Archiv des Deutschen Technikmuseums, das allerdings nur bis zu den 1950er-Jahren erschlossen ist. Ferner sind das Siemens Historical Institute in Berlin sowie der SABA-Nachlass im Stadtarchiv Villingen-Schwenningen zu nennen.

Zum Zeitpunkt der Markteinführung des BG 20-5 konnte die Tonbandgeräteproduktion in West- und Ostdeutschland bereits auf eine über zwei Jahrzehnte andauernde Geschichte zurückblicken. 1935 stellten die Konzerne AEG und BASF auf der Berliner Funkausstellung ein gemeinsam entwickeltes Tonbandgerät vor: das Magnetophon K1, das als erstes Magnettonbandgerät aus industrieller Fertigung bekannt wurde. Noch in den 1930er-Jahren verbreitete sich die Gerätegattung in den Rundfunkstudios des Deutschen Reichs (vgl. Röther 2008: 304). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Magnettonbandgerät auf dem internationalen Markt platziert. Während es in den USA schon in den späten 1940er-Jahren zunehmende Popularität genoss (vgl. Morton 2000: 140), vollzog sich die Verbreitung in den beiden deutschen Staaten wenige Jahre später.

I​n den 1950er- und 1960er-Jahren ließen sich im internationalen Vergleich ähnliche Vermarktungsmuster erkennen wie für das BG 20-5 nachgezeichnet. In erster Linie wurden die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten hervorgehoben (vgl. Bijsterveld/Jacobs 2009: 26; Röther 2012: 340), zugleich entwickelten sich die tatsächlichen Nutzungsweisen gegenläufig zu den primären Intentionen der Herstellenden. Im Laufe der Zeit wurden die Geräte hauptsächlich für die Aufnahme und Wiedergabe von Musik genutzt, während sie ursprünglich in erster Linie als Diktiergeräte konzipiert worden waren (vgl. Bijsterveld/Jacobs 2009: 26).

Mit der Popularisierung des Tonbandgeräts ging eine wesentliche Neuerung einher: Durch die Möglichkeit, Musik nicht nur abzuspielen, sondern sie auch selbst aufzunehmen, konnten die Nutzer*innen nicht mehr nur passiv konsumieren, sondern auch selbst gestalterisch aktiv werden (vgl. Röther 2012: 338). Da auch die Aufnahme von Sprache und Geräuschen möglich war, waren die Gebrauchszusammenhänge vielfältig. Technikbegeisterte und Musikschaffende machten sich die neuen Aufnahme- und Wiedergabemöglichkeiten ebenso zunutze wie Familien, die nun eigenständig ein auditives Pendant zum Fotoalbum herstellen konnten (vgl. Bijesterveld 2004: 616 f.; Morton 2000: 140). Nicht zuletzt lösten die neuen Kopiermöglichkeiten musikalischer Klänge aber auch hitzige Urheberrechtsdebatten aus, die bezüglich der Kompaktkassette einige Jahre später in vergleichbarer Weise geführt wurden und die auch mit dem mp3-Format erneut aufkamen (vgl. Röther 2008: 309–316). 

Bevor die Tonbandgeräteproduktion in der DDR in der zweiten Hälfte der 1960er-Jahre eingestellt wurde, galt Zwönitz in diesem Segment als »Hochburg« (Höhne 2013: 46). Das Zwönitzer Gerätewerk ging aus einem Siemensbetrieb hervor, der 1944 kriegsbedingt von Berlin nach Zwönitz verlegt worden war und wo u. a. Bordradargeräte der Luftwaffe sowie Oszillographen produziert wurden. Nach Kriegsende wurde der Betrieb von der SMA (Sowjetische Militäradministration) übernommen und 1952 ins Volkseigentum überführt (vgl. Schindler 2007a: 4 ff.). Die Tonbandgeräte wurden zunächst im Zweigwerk Thalheim gebaut, das erste Modell, dessen Fertigung 1953 anlief, war das BG 19 Rubin. Es folgten die Modelle BG 19/1 und 19/2 sowie 1954 das MTG Topas (vgl. ebd.: 6 f.).

Alsbald begannen die Planungen für das BG 20, von dem 1956 bereits etwa 16.000 Stück gefertigt werden konnten. Infolge diverser Produktionsmängel wurde das BG 20 fortlaufend weiterentwickelt, woraufhin die Modelle BG 20-1 bis 20-6 entstanden (vgl. Pötschke 2006: 79). Eine Wegmarke setzte die Einführung des BG 20-3, da es als erstes Gerät aus Zwönitzer Fertigung mit zwei Bandgeschwindigkeiten – 9,5 und 19,05 cm/s – ausgestattet war. In der Fachzeitschrift Radio und Fernsehen wurde das BG 20 schon 1958 als äußerst bekanntes Modell beschrieben, das nicht zuletzt hinsichtlich der Elektronik und des Bedienungskomforts kontinuierlich verbessert worden sei (vgl. Anonym 1958a: 159). In der zeitgenössischen Fachpublizistik bestand seinerzeit kaum Zweifel, dass mit den Zwönitzer Geräten Standards gesetzt worden waren. Allenfalls das KB 100 des VEB Fernmeldewerk Leipzig galt als ernstzunehmender Konkurrent aus DDR-Produktion (vgl. Jakubaschk 1959d: 11), zumal dieses Modell bisweilen als deutlich moderner und geschmackvoller erachtet wurde (vgl. Jänner 1958: 136).  

Die Zwönitzer Fertigung von Tonbandgeräten war von Beginn an eng an die staatlichen Vorgaben zur Massenbedarfsgüterproduktion gekoppelt. Im November 1957 erreichte den VEB eine gemeinsame Anweisung der Minister für Allgemeinen Maschinenbau und für Schwermaschinenbau, der zu entnehmen ist, dass die »schnelle Steigerung der Produktion von Massenbedarfsgütern […] gegenwärtig zu den wichtigsten volkswirtschaftlichen Aufgaben [gehört]« (StA-C 30981 38: 1). Bislang sei diese Aufgabe aber nur »ungenügend gelöst worden« (ebd.). Solcherlei Schreiben erreichten den Zwönitzer Betrieb in regelmäßigen Abständen, bisweilen mit konkreten Stückzahlen bezüglich der herzustellenden Geräte. Für die DDR-Produktion im Gesamten wurden für das Produktionsjahr 1958 7.900 Magnettongeräte gefordert. Dem standen beispielsweise 135.000 Kleinradios bis zu einem Preis von 300 Mark und 12.000 Autoempfänger gegenüber (vgl. ebd.: 5) – Tonbandgeräte genossen also den Status des ›Besonderen‹, nicht zuletzt aufgrund ihrer aufwendigen Herstellung. Die Erfüllung dieser Aufgaben hatten die Betriebe indes mit höchster Konsequenz zu verfolgen, so das Credo der SED, das in einem Schreiben des Leiters der HV Radio- und Fernmeldetechnik Ausdruck findet: »›Die Hauptaufgabe auf dem Gebiet der Versorgung der Bevölkerung in der Zeit des zweiten Fünfjahresplans besteht darin, zu einer stabilen und kontinuierlichen Befriedigung der normalen Lebensbedürfnisse der Bevölkerung zu kommen‹« (StA-C 30981 38: 1). Zahlreiche Dokumente aus dem Firmennachlass zeugen vom beherzten Bemühen um die Erfüllung dieser offiziellen Vorgaben, aber auch von den zahlreichen Engpässen aufgrund der defizitären Materiallage (vgl. bspw. StA-C 30981 38). Um beispielsweise das Modell BG 20-3 produzieren zu können, habe man zu jeweils 50 % auf den Staatsfonds und auf Material aus den Reserven anderer Betriebe zurückgreifen müssen.

Die BG 20-Modelle entstanden also unter dem Druck der staatlichen Auflagen für die Massenbedarfsgüterproduktion, zugleich war in der Konstruktion darauf zu achten, den internationalen Standards der Magnettongeräteherstellung gerecht zu werden. Ziele und Probleme des Konstruktionsprozesses lassen sich anhand des Abschlussberichts zur Produktion des ersten Modells der BG 20-Reihe nachvollziehen. Grundsätzlich sollte es darum gehen, ein Heimgerät mit zwei Bandgeschwindigkeiten zu entwickeln, »dabei war der Anschluß an den internationalen Markt wieder herzustellen« (StA-C 30981 125/3/1: 2) und die Bedienung sollte »möglichst unkompliziert sein« (ebd.). Gemäß dem Prüfbericht des Deutschen Amts für Material- und Warenprüfung habe man diese Ansprüche durchaus erfüllt: »Zusammenfassend ist zu sagen, daß das Tonbandgerät BG 20 gegenüber den bisher vom Meßgerätewerk Zwönitz gefertigten Typen einen echten Fortschritt darstellt und erstmals den Anschluß an den Stand der Technik erreicht« (ebd.). Die Produktverantwortlichen selbst resümierten: »Es wurde ein Gerät geschaffen, das im wesentlichen den Anforderungen genügt, die man an ein modernes Magnettongerät für den Heimgebrauch stellen kann« (ebd.: 16). Zugleich wurde aber konstatiert, dass man sich den internationalen Standards nicht vollumfänglich habe angleichen können. Insbesondere die Abmessungen des Geräts bereiteten den Konstrukteur*innen Sorgen. Die Fertigung eines kleineren, leichteren Geräts war ein erklärtes Ziel, das allerdings nicht adäquat umgesetzt werden konnte, da »ein Angebot der Zubehörindustrie an Kleinbauteilen« (ebd.: 17) gefehlt habe. Zunächst hätten kleinere Bandspulen verbaut werden müssen, wofür eine Herabsetzung der Bandgeschwindigkeit auf 9,5 cm/s notwendig gewesen wäre. Hierfür hätte man wiederum modernere Bandtonköpfe, vor allem aber hochwertigere Bänder benötigt, die der VEB AGFA nicht zur Verfügung stellen konnte (vgl. ebd.). So lautete das Resümee: »Es ist also festzustellen, daß eine Verkleinerung der Geräte unter Beibehaltung der Wiedergabeeigenschaften nur zu einem kleinen Teil vom Geräteentwickler abhängt« (ebd.). Es zeigt sich, dass die äußere Gestalt der Zwönitzer Geräte also nicht nur von gestalterischen Erwägungen, sondern schlichtweg auch von den ökonomischen Bedingungen im Staatssozialismus abhängig war. Der Anschluss an den internationalen Stand der Tonbandgeräteproduktion wurde daher in gestalterischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht erschwert.

Dass mit den verschiedenen BG 20-Modellen tatsächlich ein Standard in der DDR etabliert werden konnte und die Geräte auch im umliegenden Ausland abgesetzt wurden, verdeutlicht der direkte Austausch des VEB Messgerätewerk Zwönitz mit den Käufer*innen der Tonbandgeräte. Allerdings finden sich in den zahlreichen Zuschriften, die den Betrieb vonseiten der BG-20-Nutzer*innen erreichten, auch wiederkehrende und teils sehr deutlich formulierte Kritikpunkte. Insbesondere technische Mängel und die unzureichende Infrastruktur für Reparationsdienstleistungen boten immer wieder Anlass zur Beschwerde. So beteuert ein Nutzer aus Brno, der sich selbst als »›Smaragd‹-Freund« (StA-C 30981 66/1/2: 1) zu erkennen gibt, seine Begeisterung für sein BG 20-Modell, das er als »Liebling der ganzen Familie« (ebd.) bezeichnet: »Mechanische Präzision, einfache Handhabung und geschmackvolles Aussehen waren die Gründe, warum ich dem BG-20 treu blieb« (ebd.). Zugleich macht der Nutzer auf die Schwierigkeit aufmerksam, in der CSSR geeignete Ersatzteile zu finden (vgl. ebd.). In einem Antwortschreiben weist der Betrieb darauf hin, dass in Prag ein Fachhandel ansässig sei, der für die Betreuung der Kund*innen bezüglich der Zwönitzer Geräte in der CSSR verantwortlich zeichne (vgl. StA-C 30981 66/1/2). Ähnliche Probleme schildert ein Nutzer aus Krakau, der zugleich auf einen Bericht über das BG 20 in der polnischen Fachzeitschrift Radio i Telewizja hinweist (vgl. StA-C 30981 66/1/2) – hier zeigt sich die Verbreitung der Zwönitzer Geräte und auch deren wohlwollende Rezeption in den sozialistischen Nachbarländern. Doch die Verantwortlichen des VEB mussten sich auch mit scharfer Kritik auseinandersetzen. Beispielsweise monierte ein Kunde aus Altenburg das Ausbleiben seiner geforderten Reparationsleistungen und argumentierte zugleich: »Es wäre auch furchtbar traurig und schlecht um uns bestellt, wenn die Kunden in einem Arbeiter- und Bauernstaat weit geringere Rechte genießen würden als in anderen Staaten unseres Erdballes« (StA-C 30981 66/1/2). Ein unzufriedener Wanzlebener Nutzer wendete sich sogar direkt an SED-Generalsekretär Walter Ulbricht, um seine Unzufriedenheit hinsichtlich der Gerätequalität und der Reparaturdienstleistungen kundzutun: »Sie können sich vorstellen, werter Genosse Ulbricht, daß ich sehr verärgert bin, und zwar einmal über die gelieferte Schundproduktion seitens der Firma[,] die mit [sic!] DM 1.100,- gekostet hat, zum anderen über die Reparaturfirmen, die nicht in der Lage waren, die immer wieder aufgetretenen Fehlerquellen zu beseitigen« (StA-C 30981 66/1/2: 1). Den Zwönitzer Betrieb erreichte daraufhin ein offizielles Schreiben der Regierung mit der Aufforderung, dem unzufriedenen Kunden umgehend den gewünschten Service zu bieten (vgl. StA-C 30981 66/1/2). Ferner fiel bisweilen die Weiterentwicklung der BG 20-Geräte der Kritik anheim. Eine Käuferin aus Greiz monierte hinsichtlich ihres BG 20-5 den mangelhaften Komfort bezüglich der Befestigung von Kabeln und Spulen, der im Falle des BG 20-3 deutlich besser gewesen sei (vgl. StA-C 30981 66/1/2). Die Kundin merkte ferner an: »Es ist mir unverständlich, dass Sie, nachdem wir gerade in der DDR auf Angleichung des Weltniveaus Wert legen, Ihre Apparate vereinfachen« (ebd.). Im Rahmen der öffentlichen Kundenkommunikation verwies der VEB wiederum auf die hohen Servicequalitäten. Unter der Überschrift »Guter Service – zufriedene Kunden« lobte man im Prospekt 10 Jahre Magnettongeräte aus Zwönitz (StA.C 30981 265/2/2: 24–25) den vermeintlich exzellenten Service und kontrastierte damit die zahlreichen Zuschriften, die die defizitäre Qualität der Geräte, die mangelhafte Beratung in Fachgeschäften sowie die Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Ersatzteilen monierten.

Die internationale Verbreitung der Zwönitzer Tonbandgeräte, die sich bereits in den Kundenzuschriften widerspiegelt, wurde von den Produktverantwortlichen aktiv vorangetrieben. Einerseits wurden die Entwicklungen der Tonbandgeräteproduktion im Ausland aufmerksam verfolgt, wovon zahlreiche Prospekte von Herstellern etwa aus Westdeutschland, Frankreich, Bulgarien, der CSSR und der UdSSR im Firmennachlass zeugen. Zudem existieren zahlreiche Messeberichte von Mitarbeiter*innen des VEB Messgerätewerk Zwönitz aus den 1950er-Jahren, die vom anhaltenden Interesse internationaler Messebesucher*innen berichten. Man habe etwa auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1956 fortlaufend Interessent*innen aus England, Frankreich und Finnland an den Messeständen begrüßen können (vgl. StA-C 30981 43/1) und zwei Jahre später, allerdings auch aufgrund von Beschwerden, mit Kund*innen aus Belgien und dem Iran in Kontakt gestanden (StA-C 30981 43/1: 1). Ferner geben die Messeberichte Auskunft über die firmeninterne Beurteilung der Zwönitzer Geräte. Gerade im Vergleich mit anderen Modellen aus DDR-Fertigung habe man mit dem BG 20 Maßstäbe gesetzt: »Rein äußerlich mag wohl das von uns ausgestellte BG 20 mit Abstand an der Spitze liegen. Obwohl die von uns gebrachte Farbzusammenstellung und von unserem Gesichtspunkt aus die äußere Ausführung noch zu wünschen übrig läßt (Farbzusammenstellung allgemein, Lautsprecherkorb zur Kofferfarbe, Befestigung des Lautsprechers usw.)« (StA-C 30981 43/1: 2). Im Reisebericht zur Leipziger Frühjahrsmesse 1958 musste indes konstatiert werden, dass die internationale Nachfrage nach dem BG 20 allmählich nachzulassen begann. Mit dem KB 100 des VEB Fernmeldewerk Leipzig war zudem ein ernsthafter Konkurrent auf den Markt gebracht worden, mit dem es sich nun zu vergleichen galt: »Vorteile des KB 100 (ansprechendere Form, niedrigeres Gewicht) sind für den normalen Kunden von größerer Bedeutung als der größere Frequenzbereich bei 19,05 cm/s« (StA-C 30981 43/1: 2). Zudem sei der Lautsprecher des BG 20 nicht gut genug, und um konkurrenzfähig bleiben zu können, hätte man die äußere Form modernisieren müssen (vgl. ebd.).

Auch in der westdeutschen Fachpresse wurden das BG 20 und das KB 100 als Vorzeigemodelle aus DDR-Fertigung und als direkte Konkurrenten präsentiert (vgl. Anonym 1959a: 183). Tendenziell war man allerdings eher vom KB 100 angetan, sei dieses doch »von Belang und wirk[e] angenehm« (Anonym 1958b: 102), während die Phonoindustrie in der DDR ansonsten stagniere (vgl. ebd.).

Der VEB Messgerätewerk Zwönitz sondierte die Absatzmöglichkeiten in einzelnen Ländern bisweilen intensiv. Dies zeigt sich eindrücklich in den Werbemaßnahmen und Analysen, die hinsichtlich des finnischen Marktes für die BG 20-Modelle betrieben wurden und die im Firmennachlass gut dokumentiert sind. Aus einem Schreiben der DDR-Handelsvertretung in Finnland geht beispielsweise hervor, dass in sechs finnischen Zeitungen und Zeitschriften etliche Annoncen geschaltet wurden und in 17 Kinos Werbung gezeigt wurde (vgl. StA-C 30981 43/1: 1). Derlei Werbemaßnahmen waren allerdings kostspielig und wurden infolgedessen von staatlicher Seite kritisch beäugt angemahnt. Infolge der Fokussierung auf den finnischen Markt sei der für das Jahr 1958 veranschlagte Anzeigenetat bereits Mitte Februar aufgebraucht gewesen (vgl. StA-C 30981 43/1). Überdies planten die Verantwortlichen des Zwönitzer Betriebs, auch in der UdSSR und CSSR sowie in Polen, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und China Werbekampagnen zu initiieren (vgl. ebd.). All diesen Schwierigkeiten zum Trotz stimmte der Betrieb in Kooperation mit der Handelsvertretung der DDR in Finnland einen Werbeplan ab (vgl. StA-C 30981 43/1), zudem wurde eine umfassende Marktanalyse angefertigt (vgl. StA-C 30981 43/1).

Der DDR-Export von Tonbandgeräten nach Finnland war im Jahr 1958 stark zurückgegangen, weshalb die Marktanalyse als dringend notwendig aufgefasst wurde (vgl. ebd.: 1). Den Erfolg der Modelle im Vorjahr begründete man ferner damit, dass in Finnland bis dahin kaum Geräte anderer Hersteller erhältlich gewesen waren. Sodann hatten sich allerdings die Reklamationen aufgrund technischer Mängel zu häufen begonnen, weitere Geräte aus Westeuropa wurden eingeführt und das BG 20 zunehmend obsolet. Die Handelsvertretung stellte fest: »Durch die zweifelsohne bessere konstruktive Ausführung von westeuropäischen Geräten (Frequenzumfang, Grösse, Gewicht, Bedienungskomfort, Geschwindigkeiten und nicht zuletzt äussere Gestaltung) ging der Absatz von Smaragd-Geräten erheblich zurück« (ebd: 2). Da auch die neueren Ausführungen des BG 20 in puncto Gewicht und Größe keine wesentlichen Änderungen aufwiesen und sich infolge technischer Defizite der Vorgängermodelle die Vorbehalte verfestigt hatten, kam die Marktanalyse zu dem Schluss, dass man zukünftig kaum an die vergangenen Erfolge werde anknüpfen können (vgl. ebd.: 5). Das Fazit lautete: »Diese Tatsache kann nur eine Änderung erfahren, wenn ein Gerät in neuer Ausführung, das besonders kleiner, niedriger im Gewicht und äusserlich ansprechender ist, in den Handel kommt« (ebd.: 10). Wie die internen Produktionsberichte deutlich machen, waren Modernisierungen der BG 20-Modelle zwar durchaus gewünscht, aufgrund der defizitären Materialversorgung zum Teil aber nicht umsetzbar.

Der VEB Messgerätewerk Zwönitz produzierte nach dem letzten BG 20-Modell – dem BG 20-6 – noch weitere Tonbandgeräte, beispielsweise das BG 23 und das BG 26-1. Diese Geräte galten bereits als deutlich moderner als ihre Vorgänger, weitere Modelle kamen über die Planungsphase nicht mehr hinaus. Auch die neueren Zwönitzer Geräte wurden öffentlich inszeniert. So wurde 1962 das BG 23 im Katalog des Versandhauses Leipzig unter der Überschrift »Hohe Leistungen der Werktätigen in der sozialistischen Produktion« präsentiert und, wie schon die Vorgängermodelle, als »moderne[s] Gerät zur Aufnahme und Wiedergabe von Sprache und Musik« angepriesen. Das BG 23 verbinde zudem »[v]ollendete Form, einfache Bedienung, hohe Wiedergabequalität, Frequenzbereiche 60 Hz bis 12000 Hz« (Abb. 3). Um diesen qualitativen Ansprüchen tatsächlich gerecht werden zu können, befanden sich stets neue Modelle in Planung, unter anderem auch Stereotonbandgeräte. Diese wurden allerdings nie produziert, u. a. aufgrund der unzureichenden Qualität der Tonbänder, die sich in der DDR noch in den frühen 1960er-Jahren fortlaufend als problematisch erwies (vgl. Schindler 2007c: 89). 1964, zwei Jahre nach der Markteinführung der letzten BG 20-Variante, wurde schließlich der offizielle Beschluss gefasst, die Tonbandgeräteproduktion in der DDR einzustellen. Die CSSR hatte sich mittlerweile als veritabler Produktionsstandort hervorgetan und bot bessere Herstellungsbedingungen sowie günstigere Konditionen. Der Bedarf der DDR-Bürger*innen sollte fortan mit entsprechenden Geräten gedeckt werden, woraufhin die inländische Produktion 1965 eingestellt wurde (vgl. Schindler 2007d: 126 f.).

Abb. 3: ​Foto: Versandhaus Leipzig Frühjahr-Sommer 1962 57

DAS DOSSIER WURDE VERFASST VON BENJAMIN BURKHART.

Einzelnachweise

[1] Ich danke Yuna Liu herzlich für die Übersetzung des Werbetextes.

Quellen

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Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 66/1/2. Brief von Tadeusz Stanaszek aus Krakau an den VEB Messgerätewerk Zwönitz, 29.02.1960.
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Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 43/1. Reisebericht von der Leipziger Frühjahrsmesse, 15.03.1958.
Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 43/1. Messebericht des Standleiters Drechsel von der der Leipziger Frühjahrsmesse, 05.03.1956.
Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 79/1. Brief des Mitarbeiters Georgi der Handelsvertretung der Deutschen Demokratischen Republik in der Republik Finnland an den VEB Messgerätewerk Zwönitz, 11.02.1958.
Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 79/1. Brief der Abteilung Werbung und Messen der Betriebe des Ministeriums für Allgemeinen Maschinenbau – Radio und Fernmeldetechnik an den VEB Messgerätewerk Zwönitz, 21.02.1958.
Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 79/1. Brief des Deutschen Innen- und Außenhandels Elektrotechnik an den VEB Messgerätewerk Zwönitz. Betreff: Werbeplan Finnland, 11.04.1958.
Sächsisches Staatsarchiv, Staatsarchiv Chemnitz, 30981 VEB Messgerätewerk Zwönitz Nr. 79/1. Marktanalyse für Magneton- [sic!] und Diktafon-Geräte der Handelsvertretung der Deutschen Demokratischen Republik in Finnland, 25.04.1958.

Internet:
Kirchner, Ruth (2015). Grillen in China. Die 100-Tage-Haustiere. <https://www.deutschlandfunkkultur.de/grillen-in-china-die-100-tage-haustiere.979.de.html?dram:article_id=308703> [26.01.2021].

Abbildungen

Abb. 1: Versandhaus Leipzig Herbst Winter 1957 58, S. 44
45.
Abb. 2: ​Unser Rundfunk 4 1959.
Abb. 3: Versandhaus Leipzig Frühjahr-Sommer 1962, S. 57.