Karlo KLein
Konstrukteur und Designer von Plattenspielern

Foto: Karlo Klein

Zwischen physikalischen Gesetzmäßigkeiten und auditiven Fähigkeiten – Design und Entwicklung von High-End-Plattenspielern

Zur Person

Karlo Klein ist »Techniker mit Leib und Seele«[1]. Derzeit angesiedelt ist er in der Schwarzwald-Region, in der klassisches Handwerk wie Uhrmacherei zum traditionellen Selbstverständnis gehört. Auch das Entwickeln und Bauen von Musikobjekten ist ein solches Handwerk, dem Karlo Klein sich verschrieben hat: Aus der Kritik an herkömmlichen Plattenspielern, der Überzeugung seines eigenen Gehörs und einigen Zufällen ist mittlerweile die Firma Klein Technik entstanden. Spätestens seit 2015 bringt Klein hier mit großer Leidenschaft seine Fähigkeiten zum Ausdruck und verwirklicht dadurch eigene Klangideale, die von seiner Kundschaft positiv aufgenommen werden. In dieser nebenberuflichen Tätigkeit steckt für Karlo Klein eine Begeisterung, die er bereits in jungen Jahren erkannte, jedoch nicht von Anfang an mit Musik verbinden konnte.

Das Interview ist in drei Abschnitte geteilt. Sie können es mithilfe der Buttons entweder chronologisch oder thematisch lesen.

Über die Technik zur Musik

Initiation

Während viele Menschen frühzeitig durch das Erlernen eines Instrumentes ihre Affinität zu Musik entdecken, beschreibt Karlo Klein eine etwas andere Geschichte:

Ich komme eher aus einem technischen Elternhaus. Da wurde schon immer gerne Musik gehört. Aber nie Musik gemacht. Eine Schwester von mir hat dann eine Gitarre bekommen, die hat auch Unterricht bekommen. Aber, als ob man mir das nicht zugetraut hat (lacht). Man hat mich mehr in die technische Schiene geführt. Technische Schiene heißt: Autos restaurieren, reparieren. Das war so das Hobby, was in der Familie gepflegt wurde. Und Musikhören war eher so am Rande, […] wurde gerne gemacht, aber am Rande. Dann aber immer über Schallplatte oder andere Medien. Aber es wurde keine Hausmusik gemacht.

Klein verknüpft Musikerleben immer schon mit technischen Medien. Durch das Aufwachsen mit der Arbeit an Autos entwickelt er darüber hinaus ein Interesse an dem Zusammenspiel von Elektronik und Mechanik. Dieses lenkte ihn jedoch schließlich weg von den Fahrzeugen:

Ich will das nicht abwerten, aber ich habe gemerkt, das war nicht mein Ding, das ganze Leben Autos zu reparieren […]. Und ich habe mich dann dazu entschlossen, Medizintechnik zu machen, weil das beinhaltet genau das, was mich interessiert. Nämlich die Mechanik, verbindend mit der Elektronik und heute bin ich bei der Beatmungstechnik.

Seit 1990 arbeitet Klein hauptberuflich in diesem Bereich. Er versucht zuvor zwar Maschinenbau zu studieren, wird aber schnell daran erinnert, dass er mehr der »filigranere Typ« ist. Auch Tätigkeiten wie das Vermessen und Justieren kleinster Bauelemente sowie das feingliedrige Überprüfen des Klangs entsprechen demnach seinen Interessen und Begabungen.

Auch mit den Oldtimern. Ich habe zwar zwei gehabt. Mit einem bin ich gefahren, den anderen wollte ich noch fertig restaurieren. Das war dann ein Cabrio. Habe ich dann nicht mehr gemacht. Habe alles verkauft. Auch die Plattenspieler, die ich besessen habe, habe ich nie gesammelt. Ich habe nie zwei Plattenspieler besessen. Ich habe immer mich für das Bessere entschieden und das Andere musste weichen. Also ein Sammler war ich nie. Und klar hänge ich jetzt an meinem Plattenspieler. Den würde ich so nicht mehr hergeben […].

Rückblickend beurteilt Klein es einerseits als schade, dass er sich erst viel später intensiv mit seiner Leidenschaft beschäftigen konnte. Andererseits war gerade die Arbeit an den Autos für ihn eine Chance, ohne die er womöglich heute nicht dort wäre, wo er ist. So sieht er sein technisch fundiertes Wissen als Vorteil, über den andere Geräteentwickler nicht unbedingt verfügen würden. Schlussendlich ist es jedoch die Musik, die den Reiz seiner Tätigkeit ausmacht: »Ich war Oldtimerfan. das bin ich jetzt nicht mehr so, Autofan. [...] [W]eil klar macht das auch Spaß, aber ich finde die Musik hat noch mehr zu bieten als nur so Motorengeräusch.« Grundsätzlich beschreibt Klein eine Anziehung zu »schön konstruierten Geräten«, zu denen auch Uhren zählen. Der handwerkliche Anspruch hinter der Fertigung solcher Objekte liegt auch dem Verständnis seiner eigenen Arbeit zugrunde:

Ich könnte meine Produkte nicht auf einer Fertigungsstraße produzieren, wo die Maschine das praktisch von den Reels runternimmt, die Bauteile. Das würde nicht funktionieren. Die würden nicht sauber spielen. Ich muss aufgrund der Minimalschaltung jedes Bauteil aufeinander ausmessen. Das ist Handwerk. Und das Ergebnis spricht für sich, glaube ich. Es ist wie ein Instrumentenbauer. Obwohl ich nichts bauen will, was irgendwie Klang hinzufügt, aber ein Handwerk.

Das Wechselspiel von Objektivität und Subjektivität

Mit diesem Klangideal geht auch der Anspruch einher, die Spezifik von Künstler*innen und der verwendeten Musikobjekte hörbar zu machen:

Verschiedene Musiker haben ihr Faible für eine ganz spezielle Gitarre, für einen ganz speziellen Verstärker und diese Kombination hat einen ganz speziellen Klang. Und das höre ich mir dann an, live. Und wenn ich eine Platte von denen kriege, kaufe ich die und dann wünsche ich mir, dass ich diesen für mich gehörten Klang ins Wohnzimmer bekomme. Das ist dann für mich authentisch. Ich kann einen Kenny Burrell mit seiner Spielweise und seinem Klang, was er für eine Gitarre hat, was er für einen Verstärker benutzt, von Joe Pass zum Beispiel unterscheiden, von dem Gitarristen. Und das möchte ich auch wiedergeben, weil das ist auch auf der Schallplatte drauf. Diese Unterscheidung ist möglich. Ja. Das ist für mich authentisch. Also Joe Pass soll nicht klingen wie Kenny Burrell und umgekehrt. Dann ist das austauschbar. Das hat mit guter Musik wieder gar nichts zu tun.

Während Messwerte also objektive Marker liefern, auf deren Basis Wiedergabegräte gebaut werden müssen, ist es das Gehör, dass maßgeblich an der Entwicklung seiner Plattenspieler beteiligt ist. Kleins Haltung spiegelt sich auch darin wieder, wie er über seine drei Plattenspielerantriebe spricht. Bei allen sind der Motor und das Netzteil dieselben, lediglich die Motorengeneratoren unterscheiden sich voneinander – sowohl in ihrer Preisklasse, als auch ihrem Klang: »Der teuerste klingt am besten. Und man kann sich das kaum vorstellen: Wenn ich mit dem Oszilloskop die Sinuskurven betrachte, sind die alle gleich und trotzdem klingt das anders. Das liegt an meiner Erfahrung, wie ich die Schaltung mache.«

Abb. 3: Plattenspielerantrieb Sinus C.
Foto: Karlo Klein

Nur keine »Bohrinseln«

Es ist seine eigene Hörkompetenz, die Karlo Klein immer wieder darin bestärkt, das Richtige zu tun. Erfolg misst er dementsprechend nicht an wirtschaftlichen Faktoren, sondern vertraut auf seine auditiven Fähigkeiten:

Also ich habe 2007 mit den Plattenspielerantrieben begonnen. Hätte ich da eine Marketingagentur beauftragt und hätte gesagt: Macht das Sinn?, hätten die gesagt: Nee, das ist Quatsch. Bauen Sie ein ganzes Produkt. Ne, ich habe den Einstieg damit bekommen, ich habe mir einen Namen damit gemacht. Ich habe das gemacht, was ich für gut befunden habe. Ich habe einen guten Antrieb und der funktioniert. Und der Herr Schmidt hat den damals in der LP besprochen, hat sogar empfehlenswert drunter geschrieben und das war ein toller Einstieg. Und ich habe mir dieses Modell an Plattenspieler ausgesucht, weil er mir am besten gefallen hat. Leute, die designorientiert sind, denen gefällt es auch. Ich lese aber auch in Foren, dass es ganz ganz viele Menschen gibt, die gerne einen Plattenspieler mit einem dicken Plattenteller haben wollen. Auch in der Preisklasse oder höher. Das ist für die wichtig. Obwohl das technisch keinen Sinn macht. Also ich habe das nicht kundenorientiert gemacht. Aber von den anderen Modellen gibt es ganz viele Modelle. Von dem gibt es nur einen. Also Bohrinseln gibt es, die machen das kundenorientierter, die anderen Hersteller, klar. Das ist mir auch egal. Dann verkaufe ich halt weniger.

»Bohrinseln«, also Plattenspieler mit dicken Plattentellern, sind ein Sinnbild dafür, wie Karlo Klein nicht arbeiten will. Wenngleich ihm das Design seines Plattenspielers wichtig ist, steht die technische Ausführung an oberster Stelle. Er betont diese Priorität, wenn es darum geht, dass seine Plattenspieler einen kleinen Anschub benötigen, um zu starten. Das liege an der Wahl des Motors. Bei einem Gleichstrommotor könne Klein technische Abläufe raushören, die das Klangerleben negativ beeinflussen. Deshalb nutzt er einen Synchronmotor, der jedoch im Anlauf schwach ist. Er könnte zwar die Motorensteuerung ändern, dies würde aber zusätzliche Kosten für die Kund*innen bedeuten und auch den Riemenverschleiß erhöhen:

Es gibt natürlich auch Plattenspieler für 400 Euro, die müssen Sie nicht anschubsen (lacht). Klar, ein Technikfan würde jetzt sagen: Das muss doch heute machbar sein, das zu lösen. Natürlich ist das machbar. Aber ob man das braucht, wie gesagt, es kann ja auch Nachteile geben. Wenn ich es mache, darf es keine Nachteile geben, sondern soll es nur ein Vorteil sein. Und die Stückzahlen sind auch nicht so hoch, dass ich immer wieder dann direkt ein neues Layout machen kann, Platinenlayout. Das ist ja alles jetzt fertig. Als Nachteil sehe ich das nicht, nein.

Nichtsdestotrotz möchte Karlo Klein seiner Kundschaft so weit entgegenkommen, wie es technisch für ihn vertretbar ist. Handlungsspielraum sieht er in der Gestaltung seiner Plattenspieler: Gerade die Wahl des Holzes würde sich nicht zu gravierend auf die Klangqualität auswirken. Deshalb können Kund*innen zwischen amerikanischem Nussbaum, Bambus oder einem farbigen Design wählen. Besonders in seiner Preisklasse spiele diese Art der Individualität eine große Rolle.

Abb. 4: Grafik: Karlo Klein

Wie genau er seine Geräte aufbaut, ist – natürlich – ein Betriebsgeheimnis. An einigen Stellen lässt Karlo Klein zwar durchscheinen, wo und wie er sich von großen Herstellern unterscheidet. Grundsätzlich gilt aber: »Sollen sich andere Entwickler auch Gedanken machen.« Klein muss zwar vom Umsatz seiner Produkte nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten. In seiner Haltung steckt aber sehr wohl der Stolz eines Entwicklers, der in aufwendiger Feinarbeit ein erfolgreiches Konzept entworfen und umgesetzt hat. Er betont, dass er schon viel früher ein Produkt auf den Markt hätte bringen können, es aber seinen eigenen Ansprüchen nie genügt hätte. Die innovativen Aspekte seiner Geräte hat Klein dementsprechend rechtlich geschützt:

Aber das war mir wichtig, da ein Patent drauf zu machen. Weil ich sehe das jetzt auch, ist ganz interessant, es wird viel abgeguckt. Entweder ist es Zufall, ich weiß es nicht, auf meiner Webseite habe ich geschrieben, dass es ganz wichtig ist, dass der Motor in das Chassis eingebunden ist. Klangtechnisch, das ist wichtig, dass er nicht nebendran steht, wie bei den meisten. Jetzt sehe ich hier und da so ein paar Hersteller, die über zehn Jahre schon ihren Motor immer nebendran gestellt haben, die den auf einmal in ihr Chassis integrieren. Fällt auf.

DAS INTERVIEW WURDE GEFÜHRT VON BENJAMIN BURKHART, DEN TEXT VERFASSTE LAURA MARIE STEINHAUS.

Einzelnachweise

[1] https://kleintechnik.de/klein-technik-karlo-klein
[2] https://www.hifitest.de/test/plattenspieler/klein-technik-sinus-105-15266

Abbildungen

Abb. 1: Karlo Klein bei der Arbeit. Karlo Klein.
Abb. 2: Der Plattenspieler Sinus 105 und die Antriebe Sinus C und Netzteil Sinus Pur. Karlo Klein.
Abb. 3: Plattenspielerantrieb Sinus C. Karlo Klein.
Abb. 4: Grafik: Karlo Klein.