Uwe Steinle
Sammler

Foto: Christiana Kunz

Nicht nur Technik –
Das Radiomuseum Hardthausen

Zur Person

Uwe Steinle wird 1961 in Stuttgart geboren. Als Kind entdeckt er Anfang der 1970er-Jahre in der Fachzeitschrift Hörzu einen Artikel zu 50 Jahren Rundfunkwesen in Deutschland. Abgebildet sind unter anderem Tanzbars mit alten Trichterradios. Ein Anblick, der Uwe Steinle nachhaltig beeindruckt. Den Bericht schneidet er aus, klebt ihn auf ein Stück Papier und liest ihn sich immer wieder durch. Auch heute noch ist er in seinem Besitz. Mittlerweile führt Uwe Steinle das private Radiomuseum Hardthausen, in dem etwa 600 Exponate fortlaufend ausgestellt werden. Sein Interessenschwerpunkt liegt auf Radiogeräten vom Anfang des Rundfunks bis in die 1980er-Jahre. Aber auch Fernsehapparate, Musikboxen und andere Kommunikationstechnologien sind bei ihm zuhause. Zusätzlich zu der Ausstellung führt Steinle ein Schallarchiv: Er digitalisiert Schallplatten aus seiner umfangreichen Sammlung und macht sie über YouTube verfügbar. Diese Formen der Vermittlung waren von vorneherein das Ziel seiner Sammlungstätigkeit. Nur das erschien ihm sinnvoll.

Das Interview ist in drei Abschnitte geteilt. Sie können es mithilfe der Buttons entweder chronologisch oder thematisch lesen.

Sammeln heißt ausstellen

Schon immer ein Museum

Bereits in seiner frühen Jugend beginnt Uwe Steinle mit dem Sammeln und bezeichnet die Zusammenstellung seiner Geräte damals schon als Museum. Richtig ins Rollen kommt seine Leidenschaft durch einen Schulkameraden, mit dem er über Jahre hinweg in einen freundschaftlichen »Konkurrenzkampf« tritt:

Ein Schulkamerad hatte ein Radio von seinem Nachbarn gekriegt, da war ich dann ganz neidisch, dass er so ein Ding gehabt hat. Dann habe ich in der Verwandtschaft rumgefragt, ob die auch noch so einen alten Apparat hätten. Irgendwie kam dann meine Verwandte und ich habe auch so ein altes Tonfunkradio gekriegt. Und mit dem Radio habe ich dann schon diese LP mit alter Musik über das Radio angehört und habe gemeint, das sei wie früher.

Das Wetteifern geht sogar so weit, dass beide sich Briefe schreiben, als Steinle aus Stuttgart wegzieht. Sie berichten sich gegenseitig von ihren Funden, um daraufhin zu versuchen, den anderen auszustechen. Auf Drängen seines Vaters hin muss der Schulkamerad seine Sammlung schlussendlich auflösen und übergibt sie an Steinle, der einige der Geräte bis heute aufbewahrt hat. Seine Sammlung wächst damals stetig an, sodass Steinle sich bereits Ende der 1970er-Jahre an eine kleine Gemeinde in der Nähe von Stuttgart wendet, mit dem Anliegen ein Museum aufzubauen:

Wir haben einige Absagen erwartet. Und dann war einer dort, der hat auch den Draht zu was Altem gehabt, dann hat der uns da sogar einen Raum, wo du für fünf Mark Miete im Monat/ also ein Witz, das war halt nichts Professionelles, aber ein Raum, der größer war. Haben da Regale zusammengeschraubt und da die Geräte reingestellt. Relativ sinnlos, weil wir ja noch gar keine Erfahrung hatten. Wir waren gerade mal 18 vielleicht.

Der Wunsch danach, anderen die Geräte näherzubringen, besteht für Uwe Steinle von Anfang an: ​» Ich habe halt gedacht, das ist das einzig Sinnvolle. Wenn man das den Leuten zeigen kann, wie es mal war, also damals war das noch nicht so richtig ausgereift. Ich habe Museum machen wollen, weil alles andere hat eigentlich keinen Sinn gemacht. Wenn man für sich sammelt.​« Die untrennbare Verbindung aus Sammeln und Präsentieren äußert sich spätestens 1982, als Steinle seine erste Ausstellung zeigt. Die Arbeit des kleinen Museums stößt dabei auf Interesse:

Es haben uns viele besucht, die damals diese alte Technik, diese Vorführungstechnik gehabt haben. Die haben da alle noch gelebt. Die sind in erster Linie gekommen, solche Leute. Und da haben wir das Museum sukzessive ausgebaut. Das Radiomuseum Remseck hieß es und haben immer wieder Geräte dazu gekriegt und dann war es zum Schluss total zu klein. Dann habe ich gesagt: Entweder verkaufen wir jetzt alles oder wir müssen was anderes suchen.

Wie die Gegenwart beweist, wurde nicht alles verkauft, sondern weitergemacht, sich vergrößert und professionalisiert. Steinle beginnt damit, gezielter nach Apparaten zu suchen und das Ausstellungskonzept weiter auszuformulieren. 2009 zieht das Museum in eine ehemalige Wirtschaft um und es wird verstärkt darauf gesetzt, Besucher*innen die Funktionsweisen der Geräte vorzuführen. Diese Herangehensweise hat positive Effekte auf den Bekanntheitsgrad des Museums:

Aber das hat dann relativ viel Zulauf gehabt in der Zeit. Also wo man das so gemacht hat. Uns war es fast zu viel. Wir haben nebenher gearbeitet, da kannst du gar nicht so viel Zeit aufwenden. Und dann hat man die Sachen restauriert, gesammelt, geholt, dann kamen die Leute. Also das war alles/ wir schaffen jetzt noch viel und keiner hat so viel Zeit, wie man gerne hätte.

Abb. 1: ​Einblicke in das Radiomuseum Hardthausen.
Foto: Uwe Steinle

Was wird (NIcht) Gezeigt?

Abb. 2: ​Inszenierung der Geräte.
Foto: Uwe Steinle

Altes und Neues geht zusammen

Manche mag es verwundern, dass Uwe Steinle trotz seiner eigenen Faszination für die Objekte findet, dass nicht jede*r ähnlich darüber denken muss. Diese Einstellung ist ein Grund dafür, dass er staatliche Förderungen größtenteils ablehnt. Ein anderer Grund sind die Auflagen, die mit solchen Förderungen einhergehen:

Und da alles so Sachen mit dem Museum, […] wenn das eine Gemeinde macht, wo die dann Erfolg wollen, das kann man nicht immer bieten, wenn da nicht jeden Tag hundert Leute kommen, ist das halt nichts. Das geht halt nicht immer. Hundert Leute, ist ja in staatlichen Museen auch so. Deshalb muss ich das alles selber machen, das Ganze, soweit wie ich es kann […] Dann kann man sich selber verwirklichen ist jetzt übertrieben, aber man kann seine Vorstellungen im Eigenen durchsetzen, wenn man nicht auf‘s Geldverdienen angewiesen ist, das ist immer Voraussetzung. Man kann damit nichts verdienen. Ich will es auch nicht. […] [E]s springt nichts ab dabei, man legt immer darauf; das ist ein Hobby.

Und ein Hobby in der Größenordnung eines Museums kostet einiges an Geld, wie Steinle betont. Deshalb ist er rückblickend froh, dass er sich in seiner Jugend gegen eine Ausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker entschieden hat. Denn obgleich dieser Beruf damals vielversprechend klingt, hat er aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen ein Verfallsdatum: Der Bedeutungsverlust von Radiogeräten im Alltag und auch das Aufkommen größerer Elektronikhändler wie Media Markt in den späten 1970er-Jahren sind hier nur zwei Beispiele. Schlussendlich kann sich Steinle nur durch seine Entscheidung Beamter zu werden seine Sammlungstätigkeit finanzieren. Von dem Wissen ehemaliger Rundfunk- und Fernsehtechniker profitiert er dennoch, da er einen Bekannten von ihm diesen Beruf ausgeübt hat:

Mittlerweile ist es jetzt auch so, vermitteln wir ihm einige Kunden, die ins Museum gehen und fragen uns: Ja, reparieren wir auch Sachen? Dann sage ich: ›Nicht für andere, aber er macht es auch für andere.‹ Kostet halt, verlangt halt ein bisschen was. Solche Leute, die so ein altes Gerät haben und nicht weggeben wollen, sondern zum Laufen bringen wollen. Sie finden halt niemanden mehr, es gibt nicht mehr viele Fachleute, fast keine mehr.

Dass er dem Wandel der Zeit grundsätzlich nicht negativ gegenübersteht, erkennt man nicht nur daran, dass Uwe Steinle alte Schallplatten digitalisiert, sondern auch an seiner Haltung gegenüber YouTube:

Wie heißt jetzt der eine? War interessant, wo die CDU so fortgekommen war. Rezo, der ja eigentlich auch aus dem Nichts nach oben kam und so populär wurde, dass die Politik sogar ins Strudeln kommt (lacht). […] Eigentlich phänomenal, der hätte gar keine Chance gehabt, sich zu äußern, ohne Einfluss. Das können andere Leute auch, Einfluss nehmen am Leben, die vorher gar nicht beachtet worden sind. Wenn sie es geschickt machen.

Gerade YouTube schätzt Steinle für die Möglichkeit, sich über die Digitalisierung von Schallplatten mit anderen zu vernetzen – und auch dafür, seine Musik unterwegs hören zu können.

Schallarchiv des Radiomuseum Hardthausen auf YouTube

DAS INTERVIEW WURDE GEFÜHRT VON BENJAMIN BURKHART, DEN TEXT VERFASSTE LAURA MARIE STEINHAUS.

Einzelnachweise

[1] https://www.radioblog.eu/2021/10/24/samstags-ausflug-radiomuseum-hardthausen-und-radiostammtisch-heilbronn/


Abbildungen


Abb. 1: ​Einblicke in das Radiomuseum Hardthausen. Uwe Steinle.
Abb. 2: ​Inszenierung der Geräte. Uwe Steinle.